Beispiele Geschichtswanderungen - KUNST AN DER LAHNSCHLEIFE

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Beispiele Geschichtswanderungen

Programm

Wanderungen in der Geschichte Weilburgs

Jederzeit können wir den Teilnehmerinnen und Teilnehmern in den Workshops eine Stadtführung vermitteln:

„Henrietten Führung"
Öffentliche Samstags-Stadtführung
Stadtführung „Bürgermeisterspaziergang"

mit Bürgermeister Hans-Peter Schick

Wer die Geschichte Deutschlands richtig verstehen will, findet Antworten nicht nur bei einem Besuch der Bundeshauptstadt Berlin bzw. einer Landeshauptstadt, sondern in besonderem Maße durch Exkursionen in die Regionen, z.B. Weilburg.
In der regionalen Geschichte Weilburgs spiegelt sich in vielfältiger Weise die deutsche und die europäische Geschichte wieder.
Weilburg wurde erstmals im Jahre 906 in einer Chronik des Abtes Regino von Prüm als Burganlage mit dem Namen Wilineburch erwähnt. Sechs Jahre später gründete König Konrad I hier eine Kirche und eine Abtei.
Der Frankenherzog Konrad I., wohnhaft im Lahngau war 911 von den Stammesherzögen zum König des ostfränkischen Reiches gewählt worden.
918 erlangte die Wilineburch eine besondere geschichtliche Bedeutung, als König Konrad I. dort auf seinem Sterbebett seinem Bruder Eberhard empfahl, die Reichsinsignien dem Sachsenherzog Heinrich, zu überbringen (Weilburger Testament).
Von 993 bis 1062 wurde nach und nach die ganze Stadt an das Bistum Worms verschenkt. Etwa im Jahre 1225 verpfändete der Bischof von Worms Weilburg und Umland an das Haus Nassau, das sie 1294 schließlich aufkaufte und dem Ort ein Jahr später durch König Adolf von Nassau das gleiche Stadtrecht wie der Stadt Frankfurt verlieh.
Graf Johann I. von Nassau errichtete 1355 in Weilburg seine Residenz, erneuerte die Burg und errichtete Stadtbefestigungen.
Das Haus Nassau prägte die Geschichte der Stadt mehrere Jahrhunderte lang. Besonders Graf Johann Ernst (1664-1719) erneuerte und verschönerte seine Residenzstadt durch Erweiterung des Hochschlosses, Anlegung eines Parks und Veränderung der Stadtfront.
Weilburg wurde dadurch zu einem der am vollständigsten erhaltenen Beispiele für eine deutsche Kleinresidenz des Absolutismus.
Ab 1806 war die Stadt Regierungssitz des neu geschaffenen Herzogtums Nassau. Erst im Jahre 1816 verlegte Herzog Wilhelm die Residenz nach Biebrich.
Die nassauischen Herzöge entstammten der Walramischen Linie des Haus Nassau. Mitglieder der Walramischen Linie des Hauses Nassau regieren heute noch im Großherzogtum Luxemburg. Der jeweils amtierende Großherzog führt auch heute noch den Titel Herzog von Nassau.
Die Gründung des Herzogtums Nassau fiel in eine der dramatischsten Epochen der Weltgeschichte.
Die 900jährige Geschichte des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation hatte zu Beginn des 19.Jahrhunderts ein Ende gefunden, neue politische Ordnungen traten an seine Stelle, die Landkarte Europas wurde grundlegend verändert.
Diese tiefgreifenden Umwälzungen wurden von Napoleon veranlasst. Auch die nassauischen Länder (Weilburg, Usingen und Dillenburg) wurden in diesen Strudel mit hineingerissen und verändert.
Nach dem Ersten Koalitionskrieg gegen Napoleon (1803) verloren die beiden Fürstentümer  Nassau – Usingen und Nassau - Weilburg ihre linksrheinischen Ländereien an Frankreich.
Ebenso wie die anderen weltlichen deutschen Fürstentümer wurden die Nassauer mit säkularisierten geistlichen Gebieten entschädigt. (Der kirchliche Besitz wurde enteignet.)
So entstand das Herzogtum Nassau unter der Vorherrschaft Kaiser Napoleons ohne Einbezug der Untertanen. Aus mehr als 20 vorher selbstständigen Teilen und Territorien, säkularisierten und ehemals dem Reich unterstellten Gebieten mit unterschiedlichen religiösen Bekenntnissen wurde das neue Land geformt. Das Herzogtum hatte 1806 bei seiner Gründung 302.769 Einwohner. Die Untertanen waren zumeist Bauern, Winzer oder Handwerker.
Am 17. Juli 1806 traten Fürst Friedrich August von Nassau-Usingen und sein Vetter Fürst Friedrich Wilhelm von Nassau-Weilburg dem Rheinbund bei. Die im Rheinbund zusammengeschlossenen Staaten unterstützten die Politik Napoleons und mussten auch Kriegsdienste leisten, z.B.: Weilburg – Nassau in Spanien.
Im Gegenzug dafür erhielt Fürst Friedrich August, der Älteste des Hauses Nassau (Nassau - Usingen) den Titel souveräner „Herzog von Nassau". Auch Friedrich Wilhelm (Nassau – Weilburg) wurde der Titel des souveränen Fürsten von Nassau verliehen.
Beide Fürsten fällten die Entscheidung, ihre beiden Fürstentümer nun endgültig zu einem Herzogtum zu vereinen. Dies wurde am 30. August 1806 vollzogen. Diese Entscheidung wurde dadurch begünstigt, dass Friedrich August keine männlichen Nachkommen hatte und der wesentlich jüngere Friedrich Wilhelm sein Erbe geworden wäre.
In der Außenpolitik war der Spielraum des Herzogtums aufgrund seines begrenzten Umfangs und der wirtschaftlichen Schwäche immer begrenzt, in napoleonischer Zeit bestand er nicht. Das nassauische Heer, seine Militärkontingente, wurden von Napoleon nach Belieben eingesetzt, zunächst als Besatzungstruppen in Berlin (1806). Dann kämpften zwei Regimenter Infanterie und zwei Schwadronen Kavallerie für mehr als fünf Jahre für Napoleon in Spanien – nur die Hälfte kam zurück. Nach dem gescheiterten Rußlandfeldzug Napoleons wechselte im November 1813 das Herzogtum Nassau auf die Seite der antinapoleonischen Alliierten.
Der Wiener Kongress (Ende Oktober 1814 bis 9. Juni 1815) war eine Konferenz aller politischen Mächte Europas, die sich anlässlich der Niederlage des napoleonischen Frankreichs zur Neuzeichnung der politischen Landkarte des Kontinentes versammelte.
Das Herzogtum Nassau wurde Mitgliedsstaat des Deutschen Bundes.
Weitblickende Staatsmänner, die den Ideen der Aufklärung verpflichtet waren, bestimmten die Richtung der Regierungspolitik im Herzogtum Nassau. Neben dem dirigierenden Staatsminister Ernst Freiherr Marschall von Bieberstein waren an entscheidender Stelle der Regierungspräsident Karl von Ibell und der Staatsrechtslehrer Ludwig Harscher von Almendingen tätig.
Sie stellten das Herzogtum Nassau zu Beginn des 19. Jahrhunderts in die Reihe jener Staaten, die liberale Gedanken zur Grundlage des staatlichen Handelns machten.
Das Herzogtum Nassau erlebte eine Ära bemerkenswerter innerer Reformen:
die Aufhebung der Leibeigenschaft (1806),
die Einführung von Reise- und Niederlassungsfreiheit (1810) und
eine grundlegende Steuerreform, die 1812 insgesamt 991 direkte Steuern durch eine einheitliche und sozial abgestufte Grund- und Gewerbesteuer ersetzte.
Entehrende Körperstrafen wurden aufgehoben und die Kulturverordnung förderte die eigenverantwortliche Bewirtschaftung von Grund und Boden.
Aufgrund der religiösen Heterogenität führte Nassau 1817 die Simultanschulen ein und am 14. März 1818 – erstmals in Deutschland – ein flächendeckendes staatliches Gesundheitssystem.
Am 2. September 1814 wurde auch eine Verfassung erlassen.
Die Verfassung garantierte die Freiheit des Eigentums, religiöse Toleranz und die Freiheit der Presse. Sie wurde maßgeblich durch Heinrich Friedrich Karl Freiherr vom Stein beeinflusst, der aus Nassau stammte und dort auch umfangreich begütert war.
Die Gesetzgebung der Restaurationszeit, insbesondere die Karlsbader Beschlüsse von 1819 bedeutete aber auch in Nassau einen erneuten Abbau von Freiheitsrechten.
Nach wie vor blieb der Herzog Träger der Souveränität und der obersten Staatsgewalt. Er war jedoch an Normen der Verfassung gebunden. Dies war ein bedeutender Schritt zum modernen Parlamentarismus, der eine Verrechtlichung von politischer Herrschaft darstellte.
Doch die in der Verfassung versprochene Teilhabe der Untertanen am staatlichen Leben fand letztlich dann doch keine Verwirklichung.
Nachdem sich das Herzogtum Nassau im innerdeutschen Krieg (Preußen-Österreich) an die Seite Österreichs gestellt hatte, war es mit der Souveränität des Herzogtums Nassau vorbei.
Preußen siegte und das Herzogtums Nassau wurde 1866 von Preußen annektiert.
Nassau wurde 1868 mit den ebenfalls von Preußen annektierten Bundesstaaten Freie Stadt Frankfurt und Kurfürstentum Hessen zur preußischen Provinz Hessen-Nassau zusammengefasst.
In der Provinz Hessen-Nassau wurde Weilburg 1867 Kreisstadt des Oberlahnkreises.
Diese Funktion verlor Weilburg, als im Rahmen der Landesneugliederung (Kreisreform) in Hessen auch der Oberlahnkreis und der Kreis Limburg aufgelöst wurden und am 1. Juli 1974 der neue Landkreis Limburg-Weilburg entstand. Limburg wurde zur neuen Kreisstadt bestimmt.
Da Weilburg im Zweiten Weltkrieg nur geringfügige Beschädigungen erlitt, präsentiert sich auch noch heute das Bild der Altstadt als Beispiel für eine deutsche Kleinresidenz der historischen Epoche des Absolutismus.



 
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